Einleitung
Markus Lanz gehört zu den prägenden Gesichtern des deutschen Fernsehens. Der gebürtige Südtiroler ist seit Jahren in der Hauptsache als Gastgeber einer politischen Gesprächssendung präsent – und hat dabei einen Stil etabliert, der gleichermaßen Zuspruch wie Widerspruch auslöst. Sein Weg führte aus einem Bergdorf im Pustertal über Radio und Regionalfernsehen bis in die Spätabend-Primetime des ZDF. Heute ist er Moderator, Dokumentarfilmer, Podcaster und Produzent – eine vielschichtige Medienfigur, die sich immer wieder neu justiert.
Herkunft
Lanz wurde am 16. März 1969 in Bruneck (Südtirol) geboren und wuchs im kleinen Geiselsberg, einer Fraktion der Gemeinde Olang, auf. Das ländliche Umfeld, die Landschaft der Dolomiten und ein enges Familiensystem prägten seine frühen Jahre. Der Tod des Vaters, als Lanz 14 war, gilt als Zäsur, die Verantwortung früh spürbar machte. Er hat eine Schwester und einen Bruder; die Familie blieb nach dem Verlust eng zusammen.
Prägende Jahre
Während der Gymnasialzeit lebte Lanz im Schülerheim des Klosters Neustift bei Brixen und besuchte zeitweise das Klassische Gymnasium am Vinzentinum. Später leistete er seinen Wehrdienst als Funker bei den Alpini – Erfahrungen, die Disziplin, Neugier und Durchhaltevermögen schulten. Diese Mischung aus Strenge und Offenheit zur Welt spürt man bis heute in seiner Arbeitsweise.
Erste Medienjobs
Nach der Matura ging es zunächst ins Radio. Bei Radio Holiday in Bruneck und später bei Radio Hamburg lernte Lanz das journalistische Handwerk von Grund auf: Beiträge planen, Stimmen einfangen, live reagieren. Der Wechsel ins Regionalfernsehen folgte 1995 zu RTL Nord – als Nachrichtenredakteur und -moderator. Schon hier zeigte sich seine Vorliebe fürs direkte, manchmal konfrontative Gespräch.
Durchbruch bei RTL
Ab 1998 wurde Lanz mit dem Boulevardmagazin „Explosiv – Das Magazin“ einem großen Publikum bekannt; später verantwortete er dort auch redaktionell. Nebenformaten und Specials festigten seinen Platz auf dem Bildschirm. Der Schritt aus der reinen Moderation in redaktionelle Verantwortung war ein wichtiger Baustein für die spätere eigenständige Handschrift.
Wechsel zum ZDF
2008 wechselte Lanz zum ZDF. In dieser Phase übernahm er zuerst Vertretungen und die Kochsendung „Lanz kocht!“, bevor aus der Sommervertretung eine feste Adresse wurde: „Markus Lanz“ – dreimal pro Woche, spätabends im Zweiten. Seither gehört sein Talk zur Medienroutine in Deutschland.
Eigene Talkshow
Die Sendung „Markus Lanz“ läuft dienstags, mittwochs und donnerstags. Sie wird in Hamburg-Altona produziert; viele Ausgaben entstehen wenige Stunden vor der Ausstrahlung. Typisch sind die thematisch fokussierten Runden mit Journalistinnen, Wissenschaftlern, Politikerinnen und Praktikern – oft mit klarer Linie, gelegentlich mit Reibung. Das Format ist über Jahre gewachsen und hat 2023 seine 15 Jahre gefeiert; im ersten Halbjahr 2025 erreichte die Sendung im Schnitt 1,59 Millionen Zuschauer bei 16,2 % Marktanteil.
„Wetten, dass..?“
Als Lanz 2012 die Traditionsshow „Wetten, dass..?“ übernahm, war das ein Schritt ins größte Scheinwerferlicht – und eine Bewährungsprobe. Seine erste Ausgabe lief am 6. Oktober 2012, die letzte am 13. Dezember 2014. Dass die Ära unter ihm endete, lag nicht nur an der Moderation, sondern auch an einem Fernsehmarkt, der sich grundlegend verändert hatte. Gleichwohl blieb der Schritt ein markanter Punkt seiner Vita: Er hat sich dem größten Samstagabend-Format gestellt – mit allen Chancen und Risiken.
Dokumentationen
Neben dem Talk prägen Reportagen und Reisestücke sein Profil. Unter dem Label „Markus Lanz – Die Doku“ bereist er Regionen, in denen sich Politik und Gesellschaft verdichten – zuletzt etwa die USA kurz vor der Wahl 2024 („Amerika ungeschminkt“) oder die Ukraine im Kriegsalltag. Der Ansatz: raus aus dem Studio, hin zu den Menschen – mit Zeit, Bildern und Gesprächen, die unter die Haut gehen.
Podcast
Seit September 2021 führt Lanz gemeinsam mit dem Philosophen Richard David Precht den wöchentlichen Podcast „Lanz & Precht“. Hier verlagert sich der Fokus von der Fragetechnik des Moderators auf längeres Denken im Dialog – zu Politik, Gesellschaft, Kultur. Das Format entwickelte rasch Reichweite und positionierte sich als Debatten-Ort der Woche. Einzelne Folgen setzten in Deutschland Themen; die redaktionelle Klammer bleibt die Konfrontation unterschiedlicher Blickwinkel.
Reichweite und Debatten im Podcast
Mit „Lanz & Precht“ erreichte das Duo hohe Abrufe; parallel gab es Kontroversen – etwa um eine Passage zu orthodoxem Judentum, die später redaktionell gekürzt wurde. Der Vorgang zeigte, wie sensibel das Publikum auf Grenzlinien im öffentlichen Gespräch reagiert – und wie schnell Podcast-Inhalte Teil der Medienkritik werden.
Arbeitsweise
Lanz’ Markenzeichen ist Vorbereitung: Er arbeitet Themen entlang von Fakten, Zitaten und Widersprüchen ab. In guten Abenden entstehen Gespräche, die Zusammenhänge sichtbar machen – ohne in Schlagabtausche zu kippen. Sein journalistischer Zugriff wurde 2021 mit dem Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Beste Information“ ausgezeichnet; die Jury lobte die Orientierung in einem Nachrichtenjahr, das viele aus dem Tritt brachte.
Kritik
Kritik begleitet seine Karriere. So wurde ihm immer wieder vorgeworfen, Gäste zu unterbrechen oder zu hartnäckig zu führen; 2014 mündete das nach einer Sendung mit Sahra Wagenknecht in eine Online-Petition. Medienkommentare reichten von ironischer Distanz bis zu ernsthafter Debatte über Stilfragen im öffentlich-rechtlichen Talk. Solche Reibungen sind Teil der Marke Lanz – und ein Grund, weshalb seine Sendungen nachhallen.
Produzent und Unternehmer
Dass Lanz nicht nur Moderator ist, merkt man hinter den Kulissen. 2010 gründete er mit Markus Heidemanns die Produktionsfirma Mhoch2 TV, die seitdem unter anderem „Markus Lanz“ mitproduziert und in den Studios der „Fernsehmacher“ in Hamburg aufzeichnet. Damit wurde der Moderator auch zum unternehmerischen Akteur – mit Einfluss auf Inhalte, Abläufe und Qualitätsansprüche.
Auszeichnungen
Über die Jahre erhielt Lanz mehrere Preise. Besonders sichtbar: der Deutsche Fernsehpreis 2021 („Beste Information“) sowie der Bayerische Ehrenpreis „Blauer Panther“ 2022 – letzterer würdigte seine prägende Rolle im deutschen Debattenfernsehen. Diese Auszeichnungen belegen, dass sein Ansatz – konfrontativ, aber faktenorientiert – in der Branche Wirkung zeigt.
Bücher und Fotografien
Weniger bekannt, aber charakteristisch für seine Neugier: Lanz veröffentlicht auch Bücher – vom Bildband „Grönland: Meine Reisen ans Ende der Welt“ bis zum 2023 erschienenen Gesprächsband „Benedikt XVI. – Unser letztes Gespräch“. Beides spiegelt Seiten jenseits des Talktisches: Draußen-Sein, Härte der Natur, Interesse an Religion und Biografien.
Privates
Lanz besitzt die italienische und die deutsche Staatsbürgerschaft. Aus einer früheren Beziehung hat er einen Sohn; aus der späteren Ehe gingen zwei Töchter hervor. Persönliche Details hält er überwiegend aus der Öffentlichkeit heraus – ein bewusster Schutzraum, der mit zunehmender Präsenz im Fernsehen wichtiger wurde.
Heute
Der Moderator ist – Stand Sommer 2025 – mit seiner Talkshow regelmäßig im ZDF zu sehen; nach der Sommerpause startet das Format am 26. August 2025 wieder in den Sendetagen Dienstag bis Donnerstag. Immer wieder setzt „Markus Lanz“ Themen – etwa, wenn ehemalige Bundespräsidenten, Regierungsmitglieder oder Fachleute aus Wissenschaft und Wirtschaft tiefer begründen, als schnelle Schlagzeilen es erlauben. Gerade die Mischung aus politischer Aktualität, persönlicher Ansprache und klaren Rückfragen macht den Ton dieser Abende aus.
Südtirol bleibt Heimat
Trotz Hamburger Studioluft bleibt Lanz seiner Herkunft verbunden. Besuche in Südtirol, Touren in die Berge, Sport im Freien – all das ist Teil seines Rhythmus. Selbst Jahrzehnte nach dem Start im deutschen Fernsehen betont er seine Wurzeln; jüngst machte ein Tandem-Paragliding vom Kronplatz Schlagzeilen – eine kleine, heitere Randnotiz über den Mann, den viele sonst nur ernst am Tisch kennen.
Was ihn prägt
Auffällig ist das Zusammenspiel von Strenge und Empathie. Die Strenge entstammt Klosterinternat, Wehrdienst und jahrelanger Live-Erfahrung; die Empathie ist spürbar, wenn Gespräche kippen könnten und er dennoch versucht, zurück zur Sache zu finden. Das Ergebnis ist ein Stil, der Menschen mitnimmt, aber nicht schont – und der immer wieder Fragen auslöst: War das zu viel? Oder genau richtig, weil Politik und Gesellschaft Klarheit brauchen? Der Preis 2021 für „Beste Information“ ist eine Antwort aus der Branche; die permanenten Diskussionen sind eine Antwort aus dem Publikum. Beides zusammen erklärt die Ausdauer dieses Formats.
Bedeutung im Medienwandel
In einer Medienwelt, die sich beschleunigt, bleibt der lange, strukturierte Talk eine Gegenbewegung. Lanz’ Sendung hat während der Pandemie vielen Orientierung geboten und setzt seitdem auf Tiefenbohrungen, die weit über die Tagesaktualität hinausreichen. Parallel zeigen Podcast und Doku-Reihen, dass sein Team die Formen erweitert, ohne den Kern – das präzise Nachfragen – zu verlieren. Dieser Dreiklang aus Studio, Podcast und Reportage ist inzwischen sein Markenzeichen.
Fazit
Markus Lanz ist mehr als „nur“ Talkmaster. Er ist Moderator, der nachfasst; Produzent, der Verantwortung übernimmt; Reporter, der sich aufmacht; Podcaster, der den langen Gedanken zulässt. Vom Dorf in Südtirol bis in die Medienzentren hat er sich eine Position erarbeitet, in der er Streit aushält und Relevanz sucht. Wer ihn verstehen will, sollte beide Seiten sehen: den prämierten Aufklärer – und den Gegenstand von Kritik. Genau in dieser Spannung liegt seine Bedeutung für das deutsche Fernsehen der letzten anderthalb Jahrzehnte.